Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Mitstreitende Menschen!
Wir stehen hier heute vor der Johannisbierstube. Und das ist gut so. Es ist gut und es ist wichtig, dass wir der AfD zeigen: Ihr bekommt hier keinen Raum. Nicht in der Johannisstraße, nicht in Osnabrück. Wir nehmen euch die Räume, heute und auch in Zukunft.
Aber, und dieses Aber ist verdammt wichtig: Wir dürfen nicht glauben, dass unsere politische Arbeit getan ist, wenn wir die AfD von einem Stammtisch zum nächsten jagen. Denn wenn wir ehrlich sind, ist diese Jagd oft auch Selbstzweck. Es fühlt sich gut an, es fühlt sich wirksam an. Aber bekämpfen wir damit wirklich die Politik, die unsere Freundinnen und Freunde, unsere Nachbarinnen und Nachbarn, die Migras, die Queers und die Ärmsten dieser Gesellschaft bedroht?
Wir sagen: Nein, nicht an der Wurzel. Denn die Gefahr ist nicht nur die Partei mit dem blauen Logo. Die eigentliche Gefahr ist die Politik, die sie vertritt. Und diese Politik wird längst nicht mehr nur von der AfD gefordert. Sie wird bereits von der Regierung umgesetzt. Und zwar von Parteien, die sich genüsslich in der sogenannten „bürgerlichen Mitte“ sonnen.
Und hier sehen wir das Muster ganz klar: Die AfD ist der unappetitliche Spähtrupp, der die Grenzen des Sagbaren verschiebt. Aber die CDU ist die Armee, die das neu eroberte rechte Territorium besetzt und zur Normalität erklärt. Wobei die CDU zwar am rechtesten Rand agiert, aber auch SPD und Grüne durch ihre Zustimmung zur GEAS-Reform gezeigt haben, dass sie bereit sind, menschenrechtliche Grundsätze für eine Politik der Abschottung zu opfern. Die Politik der AfD wird bereits heute umgesetzt, ohne dass die AfD dafür in der Regierung sitzen muss.
Schauen wir uns die rechte Politik von heute an, umgesetzt von den Parteien der „Mitte“:
Erstens: Das Asylrecht wird verraten. Die AfD hat jahrelang von Zurückweisungen an der Grenze fantasiert. Heute setzt die CDU diese Politik knallhart um. Damit brechen sie nicht nur wissentlich das Gesetz, sondern verraten auch das historische Versprechen, das dieses Land aus seiner eigenen faschistischen Geschichte gelernt hat. Das ist ein moralischer Bankrott, angetrieben von der CDU.
Zweitens: Die Zivilgesellschaft wird angegriffen. Die AfD fordert seit Jahren, kritisch denkenden Vereinen – also Leuten wie uns – die Gelder zu streichen. Und heute? Heute nutzt unser Osnabrücker CDU-Abgeordneter Mathias Middelberg seine Macht in Berlin, um mit parlamentarischen Anfragen genau diese Vereine zu diffamieren und ihnen mit dem Entzug der Gemeinnützigkeit zu drohen. Das ist der durchschaubare Versuch, unsere Solidarität zu zerschlagen und jeden Protest im Keim zu ersticken.
Drittens: Rassistische Hetze wird zu Regierungspolitik. Die AfD hat die Erzählung vom „Sozialtouristen“ erfunden, um Menschen gegeneinander auszuspielen. Heute setzt die CDU mit der Bezahlkarte diese rassistische Erzählung in die Tat um. Sie entmündigt Geflüchtete, schränkt ihre Freiheit massiv ein und stellt sie unter Generalverdacht. Das ist keine pragmatische Lösung, das ist ein Werkzeug der täglichen Demütigung, das die Gesellschaft spaltet.
All das Strategien der AfD, um jede Form von Solidarität von unten zu zerschlagen.
Die größte Gefahr ist nicht, dass die AfD irgendwann einen Raum für ihren Stammtisch findet. Die größte Gefahr ist, dass wir eines Tages aufwachen und feststellen: Wir haben die AfD zwar erfolgreich aus den Kneipen vertrieben, aber wir leben trotzdem in einem Land, das nach den Regeln der AfD funktioniert – umgesetzt von der CDU und mitgetragen von anderen Partien der sogenannten „bürgerlichen Mitte“.
Das ist unbequem, wir wissen das. Denn viele Wählerinnen und Wähler lieben die CDU dafür, dass sie ihnen AfD-Politik liefert, ohne dass sie die AfD wählen und sich dabei wie ein Fascho fühlen müssen.
Was bedeutet das für uns als Kampagne? Wie kann unser Weg aussehen? Unser Weg muss die knallharte Aufklärung und Konfrontation sein!
Erstens: Wir müssen über Inhalte sprechen und die Konsequenzen sichtbar machen. Es reicht nicht, „gegen Rechts“ zu sein. Wir müssen die Geschichten der Menschen erzählen, die von den Asylrechtsverschärfungen betroffen sind. Wenn Middelberg NGOs angreift, müssen wir die unverzichtbare Arbeit dieser Organisationen für unsere Solidarität auf der Straße zeigen.
Zweitens: Wir müssen die Normalisierung sabotieren. Unsere Aufgabe ist es, immer wieder aufzuzeigen: Das, was heute als „bürgerliche“ oder „vernünftige“ Politik verkauft wird, war gestern eine rechtsextreme Forderung. Wir müssen diese unheilige Allianz zwischen der sogenannten Mitte und der extremen Rechten entlarven und ihre Analyse schärfen und verbreiten.
Denn wir kämpfen nicht für die Rettung dieses Systems. Wir kämpfen für eine solidarische Gesellschaft, in der nicht nach unten getreten wird.
Bleiben wir unangenehm, laut und unordentlich. Solange sich die Verachtung von Menschen und nationalistischer Rassismus als gesellschaftliche Ordnung tarnt. Danke!