Wir haben in den letzten Monaten viel zum DNP recherchiert, und auch eigene Erfahrungen mit dem Kopf dahinter, Stefan Schulze-Hausmann, gemacht, nachzulesen in unserem Blog. Hier unsere gesammelten Recherchen zum Greenwashing-Preis DNP:
Einleitung: Die glitzernde Fassade einer fragwürdigen Institution
Der Deutsche Nachhaltigkeitspreis (DNP) inszeniert sich selbst als „Europas größte Bühne für Nachhaltigkeit“ und als „Oscar der Nachhaltigkeit“. Diese Selbstdarstellung wird untermauert durch glamouröse Gala-Abende, bei denen sich jährlich über tausend Gäste im Düsseldorfer Maritim Hotel einfinden. Die Prominenz der Veranstaltung ist bemerkenswert: Hochrangige Politiker wie der ehemalige Bundespräsident Horst Köhler, die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel, der amtierende Bundeskanzler Olaf Scholz sowie zahlreiche Bundesminister nehmen regelmäßig an den Preisverleihungen teil und übernehmen Schirmherrschaften. Selbst internationale Stars wie Nicolas Cage, Elton John und Billie Eilish wurden als Ehrenpreisträger gewürdigt, teils mit Laudationes, die sogar live von der Raumstation ISS übertragen wurden. Dies erzeugt gezielt den Anschein staatlicher Weihen und Legitimität. Viele Nominierte und Preisträger waren überzeugt, es handle sich „auf jeden Fall was Offizielles“ oder sogar um eine Art „Bundesnachhaltigkeitspreis“, ein Eindruck, der jahrelang durch erhebliche Steuergelder in Höhe von mindestens 4,9 Millionen Euro aus verschiedenen Bundesministerien mitfinanziert wurde.
Doch hinter dieser glänzenden Fassade verbirgt sich ein System, das von kommerziellen Interessen, strukturellen Interessenkonflikten und einer schockierenden Toleranz gegenüber Greenwashing geprägt ist. Die „Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis e.V.“ ist entgegen ihrem Namen keine Stiftung, sondern ein eingetragener Verein (e.V.), was geringere Transparenzanforderungen bedeutet. Im Zentrum dieses Konstrukts steht Stefan Schulze-Hausmann, der in einer problematischen Doppelrolle als Gründer, alleiniger Geschäftsführer und Markeninhaber des DNP über seine Coment GmbH agiert und gleichzeitig Vorstand des Vereins ist, wodurch er die operative Umsetzung des Preises an sich selbst vergibt. Dieses Geschäftsmodell ist primär auf Profit ausgerichtet: Die Lizenznutzung des DNP-Siegels kostet Unternehmen eine „vier- bis fünfstellige Summe“, teils bis zu 20.000 Euro, und Gala-Tickets schlagen mit 750 Euro (plus Mehrwertsteuer) oder mehr zu Buche.
Diese Kritik ist keineswegs eine bloße Nörgelei von Außenstehenden. Sie wird von prominenten Akteuren aus Umwelt und Wirtschaft geteilt: Umweltorganisationen wie die Deutsche Umwelthilfe (DUH), deren Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch den Preis als „Werbeveranstaltung für Unternehmen“ kritisiert. Führende Medien wie DIE ZEIT, SPIEGEL und Flip haben umfassende Recherchen veröffentlicht, die „fragwürdige Geschäftspraktiken, intransparente Organisationsstrukturen und Auswahlkriterien sowie die Kommerzialisierung des Events“ aufdeckten. Und am vernichtendsten ist die Kritik von Nachhaltigkeitspionieren wie Weleda und Börlind, die dem Preis öffentlich die Legitimität absprachen und die Preisannahme mit der klaren Begründung ablehnten: „Nachhaltigkeit ist nicht käuflich“. Ein ehemaliger Juror bestätigte zudem die Oberflächlichkeit der Prüfung und die Schwierigkeit, Jury-Entscheidungen nachzuvollziehen.
Die folgende Analyse belegt, dass der Deutsche Nachhaltigkeitspreis in seiner jetzigen Form nicht nur unglaubwürdig, sondern schädlich ist. Er ist zu einer „perfektionierten Greenwashing-Maschine“ verkommen, die den „grünen Schein“ ohne nachprüfbaren Beweis verleiht und die Grenzen zwischen echten Pionieren und Konzernen mit destruktiven Geschäftsmodellen verwischt. Anstatt ein Motor für echten Wandel zu sein, dient der DNP als Symptom eines Problems, indem er lediglich eine „glänzendste und teuerste Greenwashing-Gala Deutschlands“ darstellt.
Block I: Die Architektur des Scheins – Geschäftsmodell, Finanzierung und irreführende Fassade
Die Fassade des Deutschen Nachhaltigkeitspreises (DNP) ist sorgfältig konstruiert und erweckt den Anschein einer unabhängigen, gemeinnützigen und staatlich legitimierten Institution. Eine detaillierte Untersuchung offenbart jedoch, dass diese Architektur primär kommerziellen Interessen dient und von strukturellen Interessenkonflikten durchzogen ist, die seine Glaubwürdigkeit massiv untergraben.
- Die „Stiftungs“-Illusion: Ein Verein im Gewand einer Stiftung
Der Name „Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis e.V.“ ist irreführend, da es sich entgegen der Bezeichnung nicht um eine Stiftung, sondern um einen eingetragenen Verein (e.V.) handelt. Diese rechtliche Form birgt geringere Transparenzanforderungen im Vergleich zu einer Stiftung, die an ein dauerhaft gebundenes Stiftungsvermögen gekoppelt ist und strengeren Governance-Regeln unterliegt. Die Wahl des Begriffs „Stiftung“ dient somit als narratives Instrument, das eine Aura von Unabhängigkeit und gemeinwohlorientierter Autorität projiziert, die im Widerspruch zur operativen Realität steht.
Der Kernkonflikt dieser Konstruktion liegt in der Doppelrolle von Stefan Schulze-Hausmann. Er ist der Gründer des DNP, alleiniger Geschäftsführer und Markeninhaber des DNP über seine Coment GmbH, und gleichzeitig Vorstand des Vereins. Die Satzung des Vereins legt fest, dass die operative Umsetzung des Preises an einen „Generalauftragnehmer“ vergeben wird. Diese Rolle wurde seit der Gründung des Preises ausnahmslos an Schulze-Hausmanns eigene Coment GmbH vergeben. Bereits vor der ersten Gala im Jahr 2008 sicherte sich die Coment GmbH die Markenrechte am Namen und Logo des DNP beim Patentamt, was es dem Verein faktisch unmöglich macht, jemals einen anderen Dienstleister zu beauftragen und eine dauerhafte Geschäftsbeziehung schafft, die den Profit direkt in Schulze-Hausmanns Unternehmen lenkt. Das Geschäftsmodell der Coment GmbH umfasst Eventmanagement, Sponsorenakquise, Pressearbeit und Kommunikationsberatung als zentrales Geschäftsfeld des DNP. Dies schafft einen direkten finanziellen Anreiz, den kommerziellen Erfolg der Veranstaltung – durch Sponsoring, Partnerschaften und hohe Ticketpreise für die Gala – zu maximieren, anstatt die Integrität und Unabhängigkeit des Auswahlprozesses zu priorisieren. Somit ist der DNP nicht ein Preis mit einem kommerziellen Arm, sondern ein kommerzielles Unternehmen mit einem Preisprogramm als Aushängeschild.
- Die Kommerzialisierung der „Ehre“: Nachhaltigkeit hat ein Preisschild
Die „Ehre“ einer Auszeichnung durch den DNP ist mit erheblichen Kosten verbunden, was den kommerziellen Charakter des Events verstärkt. Die Nutzung des Siegels nach einer Nominierung oder Auszeichnung ist kostenpflichtig und kann Unternehmen eine „vier- bis fünfstellige Summe“ oder sogar bis zu 20.000 Euro für die Lizenznutzung abverlangen.
Auch die Teilnahme an den glamourösen Gala-Abenden ist teuer: Gala-Tickets kosten 750 Euro (plus Mehrwertsteuer) oder mehr pro Ticket. Gemeinnützige Preisträger wie der FC Internationale Berlin mussten sogar Spender suchen, um sich die Teilnahme leisten zu können. In bestimmten Kategorien, wie dem Produktpreis, können zudem direkte Teilnahmegebühren von bis zu 950 Euro anfallen.
Die strategische Schaffung von 100 Gewinnern im Jahr 2023, mehr als doppelt so viele wie in den fünf Jahren zuvor, wird als eine Maßnahme gesehen, den Pool an potenziellen „Kunden“ für Siegellizenzen und Galatickets massiv zu erweitern und damit den kommerziellen Charakter zu verstärken. Diese „Massenabfertigung“ der Preisverleihung, bei der Preisträger nur wenige Sekunden auf der Bühne haben und keine individuelle Laudatio erhalten, wurde von Teilnehmern kritisiert.
Namhafte Nachhaltigkeitspioniere wie Weleda und Börlind haben dem Preis öffentlich die Legitimität abgesprochen und die Preisannahme mit der klaren Begründung abgelehnt: „Nachhaltigkeit ist nicht käuflich“. Ein ehemaliger Juror bestätigte zudem, dass die Jury-Entscheidungen „kaum nachzuvollziehen“ gewesen seien und man sich „im Wesentlichen auf die Informationen des Assessmentpartners verlassen habe“.
Die Sponsorenliste des DNP liest sich wie ein „Who is Who“ der Umweltprobleme, mit Konzernen wie Coca-Cola (einem der größten Plastikverschmutzer weltweit), BASF, Volkswagen (Architekt des Diesel-Skandals) und PreZero (Lidl/Kaufland). Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert den Preis scharf als „Werbeveranstaltung für Unternehmen“ und Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH, betonte, dass der DNP „im Grunde eine Werbeveranstaltung für Unternehmen“ war. Diese Praxis verwischt die Grenzen zwischen echten Pionieren und Konzernen mit destruktiven Geschäftsmodellen.
- Der Vertrauensentzug der Bundesregierung: Ende der staatlichen Legitimität
Der DNP erweckte jahrelang den Anschein eines offiziellen Staatspreises, was durch die Historische Finanzierung in Millionenhöhe untermauert wurde. Mindestens 4,9 Millionen Euro an Steuergeldern flossen aus verschiedenen Bundesministerien (BMBF, BMWK, BMZ, BMUV, BPA) über Jahre hinweg an den DNP. Die DNP-Webseite beharrte auch 2025 noch auf einer „engen Kooperation mit der Bundesregierung“ und „Zusammenarbeit“ mit Ministerien im Präsens. Zahlreiche Bundesminister:innen überreichten die Auszeichnungen jährlich seit 2008, und Bundeskanzler Olaf Scholz hielt 2022 die Jubiläumsrede. Diese gezielte Selbstdarstellung erzeugte den Anschein staatlicher Weihen und Legitimität, sodass viele Nominierte dachten: „Das ist auf jeden Fall was Offizielles“.
Dieser Anschein bröckelte jedoch massiv: Der Wendepunkt kam 2023, als das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) die Förderung stoppte. Als Grund wurden „grundlegende zuwendungsrechtliche Bedenken“ genannt. Auch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) zog sich 2023 zurück, nachdem interne Bedenken wegen eines „mögliche[n] Reputationsrisiko“ und dem „Anschein der persönlichen Begünstigung“ Stefan Schulze-Hausmanns aufkamen. Die Zusammenarbeit wurde „endgültig beendet“. Das Bundesumweltministerium (BMUV) dementierte ebenfalls eine Partnerschaft und erklärte, es „strebt keine weitere Zusammenarbeit an“.
Trotz dieser deutlichen Rückzüge kommunizierte der DNP teilweise weiterhin mit nicht mehr bestehenden Partnerschaften und Ministeriumslogos. Verbleibende Verbindungen, wie die Partnerschaft mit dem Bundesministerium des Innern (BMI) für den DNP Sport und die Schirmherrschaft von Bundestagspräsidentin Julia Klöckner, dienen dem DNP als „Reputations-Arbitrage“, um den Verlust der substantiellen Partnerschaften zu kaschieren. Klöckners Schirmherrschaft ist dabei besonders kontrovers, da ihre Amtszeit als Bundeslandwirtschaftsministerin als eine einzige Blockade einer echten Agrarwende und ihre Nähe zur Lebensmittel-Lobby (z.B. Nestlé) sprichwörtlich wurden.
Block II: Die Blackbox der Bewertung – Intransparenz, oberflächliche Prüfung und systematische Manipulation
Der Deutsche Nachhaltigkeitspreis (DNP) rühmt sich einer komplexen und an EU-Standards orientierten Methodik, die den Anschein wissenschaftlicher Fundiertheit und Objektivität erwecken soll. Eine tiefgehende Analyse des Bewertungsprozesses zeigt jedoch, dass dieser Kern des Preises eine strukturelle Blackbox darstellt, die systematische Intransparenz und Interessenkonflikte begünstigt und eine externe Überprüfung gezielt verhindert.
- Das „score4more“-Scoring: Eine Black Box im Kern der Bewertung
Das Herzstück des DNP-Bewertungsverfahrens für Unternehmen bildet die Partnerschaft mit dem Berliner Startup score4more, das als zentraler „Recherchepartner“ und Plattform-Anbieter fungiert. score4more entwickelt und betreibt das technologische Scoring-System, das zur „KI-gestützten Analyse“ Tausender von Unternehmen eingesetzt wird, um sogenannte „Vorreiter der Transformation“ zu identifizieren. Das System nutzt eine sechsstufige Skala, um die Nachhaltigkeitsleistung zu bewerten. Der DNP selbst begründet diese Neuausrichtung weg von der Kürung der ‚nachhaltigsten Unternehmen‘ damit, absolute und schwer zu belegende Behauptungen zu vermeiden und eine branchenspezifische, kontextbezogene Bewertung zu ermöglichen.
Das Kernproblem liegt in der Unergründlichkeit der Algorithmen: Die genaue Funktionsweise der „KI-gestützten Analyse“, die Gewichtung der Kriterien und die spezifischen Algorithmen, die zu einem Score führen, sind nicht öffentlich nachprüfbar oder auditierbar. Dies schafft eine klassische Black Box, in der die entscheidenden Bewertungsparameter verborgen bleiben.
Diese Intransparenz wird durch einen gravierenden, strukturellen Interessenkonflikt verschärft, der im Geschäftsmodell von score4more verankert ist. Obwohl ein kostenloses Basisprofil die DNP-Teilnahme ermöglicht, basiert das eigentliche Geschäft von score4more auf dem Verkauf von Premium-Dienstleistungen (z.B. detailliertes Profil-Scoring und Benchmarking) an die bewerteten Unternehmen. Der DNP-Bewerbungsprozess fungiert somit als „direkter Vertriebskanal“ und „Instrument zur Kundengewinnung“ für score4more.
Es entsteht eine symbiotische Beziehung: Der DNP verleiht score4more Prestige und eine Plattform zur Lead-Generierung, während score4more dem DNP den Anschein einer objektiven, datengestützten Analyse verleiht. Diese Verknüpfung macht den DNP de facto zur „öffentlichkeitswirksamen Marke für ein kommerzielles, intransparentes Datenbewertungsprodukt“, bei dem der Preis als „Lead-Generator für den Assessment-Partner“ dient.
- Die entmachtete Jury: Ratifizierung ohne Offenbarung
Der DNP prahlt mit einer großen und hochkarätigen Jury aus „rund 240 Expert:innen“. Die Realität ihrer Funktion weicht jedoch erheblich von dieser Darstellung ab. Ein ehemaliger Juror bestätigte gegenüber der ZEIT, dass sich die Jury „im Wesentlichen auf die Informationen des Assessmentpartners verlassen habe“ und die Entscheidungen „kaum nachzuvollziehen“ gewesen seien. Dies degradiert die Jury von einem unabhängigen Prüfgremium zu einem Gremium, das primär vorselektierte Profile ratifiziert.
Die Oberflächlichkeit der Prüfung durch frühere Assessment-Partner (wie Kearney) wird durch die Angabe bestätigt, dass nur ca. drei Stunden pro Bewerbung investiert wurden, zudem „pro bono“ (unentgeltlich), was die Kapazitäten naturgemäß einschränkte. Dies führt dazu, dass eine tiefgehende, investigative Prüfung kaum möglich ist und das System anfällig für gut aufbereitete, aber potenziell irreführende Bewerbungen ist.
Führende Nachhaltigkeitspioniere haben diese Intransparenz scharf kritisiert. Tina Müller, CEO von Weleda, fragte öffentlich: „Wie viel ist ein Preis wert, bei dem nicht einmal Insider verstehen, warum jemand gewinnt?“. Sie lehnte den Preis ab, weil „Nachhaltigkeit nicht käuflich“ sei und es an Transparenz, nachvollziehbarer Begründung und individuellen Laudationen fehle.
Die strategische Schaffung von 100 Gewinnern im Jahr 2023 – mehr als doppelt so viele wie in den fünf Jahren zuvor – wird als Maßnahme gesehen, den Pool an potenziellen „Kunden“ für Siegellizenzen und Galatickets massiv zu erweitern und damit den kommerziellen Charakter zu verstärken. Diese „Massenabfertigung“ der Preisverleihung, bei der Preisträger nur wenige Sekunden auf der Bühne haben und keine individuelle Laudatio erhalten, wurde von Teilnehmern wie Kerstin Erbe (dm) und Alma Spribille (Wetell) als fehlende „Anerkennung“ kritisiert.
Die Intransparenz wird weiter zementiert, da eingereichte Bewerbungen und detaillierte Jury-Begründungen als „streng vertraulich“ behandelt und nicht veröffentlicht werden. Dies verhindert externe Überprüfung und Rechenschaftspflicht und macht Entscheidungen für Außenstehende willkürlich und nicht nachvollziehbar.
Die sogenannte „Transparenz-Offensive“ des DNP, die die Veröffentlichung von Jurynamen und einer allgemeinen Methodik umfasst, wird als „Nebelkerze“ oder „reaktives PR-Manöver“ bewertet. Sie adressiert oberflächliche Kritikpunkte, während der Kern der Intransparenz – die proprietären Algorithmen und die geheimen Beweismittel – bestehen bleibt und das System vor einer echten Anfechtung schützt.
- Kommerzielle Beratungen als „Torwächter“ und ihre Interessenkonflikte
Die Intransparenz des DNP wird durch die Auslagerung der Bewertungs- und Auswahlprozesse an externe, kommerziell agierende Partner verstärkt. Für den DNP 2022 wurden PwC und ihre Strategieberatungstochter Strategy& als „Methodikpartner“ benannt. Sie waren maßgeblich an der Entwicklung von Fragebögen, der Bewertung und der Vorauswahl der Bewerbungen beteiligt.
Dies schafft einen Interessenkonflikt der Beratungsbranche: PwC vermarktet ein umfassendes Portfolio an ESG- und Nachhaltigkeitsberatungsdiensten an Unternehmen. Die Partnerschaft mit dem DNP bot PwC eine Plattform für Markenpositionierung und Lead-Generierung, wodurch das kommerzielle Interesse entstand, „Exzellenz“ so zu definieren, dass sie mit den teuren, datenintensiven Lösungen übereinstimmt, die sie selbst verkaufen.
Für die Preisvergabe 2024 wurde das Modell „weiterentwickelt“: Der Einfluss wird subtiler innerhalb der Jury verteilt, indem leitende Angestellte von Beratungsfirmen (z.B. EFESO Management Consultants) direkt in den Fachjurys sitzen. Diese Firmen verkaufen ebenfalls Management- und Transformationsdienstleistungen im Nachhaltigkeitsbereich. Der Konflikt wird somit nicht beseitigt, sondern dezentralisiert und verschleiert.
Es gibt dokumentierte Überschneidungen zwischen Preisträgern und den involvierten Beratungsfirmen. Beispiele wie Klöckner & Co SE (Sieger 2022, im PwC-Partnerschaftsjahr), FRoSTA AG, Beiersdorf AG, Deutsche Telekom AG und EnBW Energie AG zeigen, dass diese Unternehmen entweder bereits Kunden der Beratungsfirmen sind oder ideale Zielkunden für deren ESG-Dienstleistungen darstellen. Dies schafft einen Anreiz, jene Unternehmen zu prämieren, die bereits die „Sprache der Berater sprechen“ und massiv in deren Beratungsleistungen investieren.
Das System belohnt somit die „bürokratische Exzellenz“: Unternehmen mit großen Nachhaltigkeitsabteilungen, die versiert in der Datenerhebung und Berichterstellung nach komplexen Rahmenwerken (z.B. CSRD, GRI, TCFD) sind, werden bevorzugt. Dies benachteiligt kleinere Unternehmen oder solche mit innovativen, aber schwer quantifizierbaren Nachhaltigkeitsansätzen. Der Fokus verschiebt sich von der tatsächlichen Leistung hin zur Fähigkeit, diese nach den Maßstäben der Beraterbranche zu dokumentieren.
Ein weiterer problematischer Aspekt ist der Umgang mit Kontroversen: Die DNP-Methodik sieht vor, dass Unternehmen „mögliche Kontroversen“ selbst in ihrem Profil angeben können. Dieser Ansatz überlässt die Offenlegung von Schwachstellen der Eigeninitiative des zu bewertenden Unternehmens, was einem Interessenkonflikt gleichkommt.
Block III: Die Paten des Widerspruchs – Systemische Interessenkonflikte und Skandal-Preisträger
Der Deutsche Nachhaltigkeitspreis (DNP) inszeniert sich als moralische Instanz und „Oscar der Nachhaltigkeit“, der die besten Leistungen auszeichnet. Eine genaue Analyse seiner prominentesten Fürsprecher, der Zusammensetzung seiner Jury und der Liste seiner Preisträger offenbart jedoch ein System, das von eklatanten Interessenkonflikten durchzogen ist und die Glaubwürdigkeit des Preises fundamental untergräbt. Die Prämierung von Unternehmen, deren Geschäftspraktiken der Nachhaltigkeit zuwiderlaufen, oder die Einbindung von Personen mit fragwürdiger Agenda, macht den DNP de facto zu einer Plattform für Greenwashing.
- Die Schirmherrin des Widerspruchs: Julia Klöckner als Symbolfigur
Nichts verdeutlicht die Glaubwürdigkeitskrise des DNP so prägnant wie die Ernennung von Bundestagspräsidentin Julia Klöckner zur Schirmherrin des Preises. Ihre Schirmherrschaft wird als „Ölminister-leitet-Klimakonferenz“-Analogie beschrieben, die eine „Farce“ darstellt. Es sei eine Personalie, die „entweder von atemberaubender Ignoranz oder von kalkuliertem Zynismus zeugt“.
Klöckners Bilanz als Bundeslandwirtschaftsministerin (2018–2021) war aus Sicht von Umwelt- und Tierschutzverbänden „verheerend“. Sie wurde als „aktive Bremserin einer echten Agrarwende“ wahrgenommen. Konkrete Kritikpunkte umfassen:
- Klientelpolitik für die Agrarindustrie: Ihr wurde vorgeworfen, die Interessen der konventionellen Landwirtschaft und Agrarindustrie über Umwelt-, Klima- und Tierschutz zu stellen. Ihre EU-Agrarreform wurde von Kritikern als „bis zur Unkenntlichkeit verwässert“ und als „klassische Klientelpolitik für Großbetriebe“ bezeichnet, die das Höfesterben und den Artenverlust nicht stoppen würde
- Blockade beim Tierschutz: Trotz vollmundiger Ankündigungen („Was der Biene schadet, muss vom Markt“) gab es wenig substanzielle Fortschritte. Die betäubungslose Ferkelkastration wurde verlängert, um die „Wettbewerbsfähigkeit“ der Züchter nicht zu gefährden, und ihr staatliches Tierwohllabel wurde als „lückenhaft und zahnlos“ kritisiert.
- Nähe zur Lebensmittel-Lobby: Klöckner geriet wiederholt wegen ihrer Nähe zu Lobbyisten der Lebensmittelindustrie in die Kritik. Ein „berüchtigtes Werbevideo mit dem Deutschland-Chef von Nestlé“ und die Weigerung, Treffen mit Industrievertretern offenzulegen, zementierten das Bild einer Ministerin, die den Wünschen von Konzernen wie Nestlé und Coca-Cola mehr Gehör schenkt als denen von Verbraucher- und Umweltschützern.
- Ferkelkastration: Die betäubungslose Ferkelkastration wurde verlängert, um die „Wettbewerbsfähigkeit“ der Züchter nicht zu gefährden, und ihr staatliches Tierwohllabel wurde als „lückenhaft und zahnlos“ kritisiert.
Dass „ausgerechnet diese Politikerin nun als Schirmherrin über die Nachhaltigkeit wachen soll, ist eine Farce“. Sie ist die „perfekte Symbolfigur für einen Preis, der selbst von strukturellen Interessenkonflikten durchzogen ist“, und dessen Geschäftsmodell auf der Kooperation mit genau jenen Industrien beruht, „deren Praktiken eine nachhaltige Zukunft untergraben“. Dieser Umstand offenbart seine wahre Loyalität: nicht gegenüber der Nachhaltigkeit, sondern gegenüber einer industrie- und politikfreundlichen Inszenierung davon.
- Die Jury des Einflusses: Ein Gremium im Griff kommerzieller Interessen
Die Jury des DNP, die aus „rund 240 Expert:innen“ besteht, soll „unabhängig“ sein und keine Partikularinteressen vertreten. Eine detaillierte Analyse der Juryliste offenbart jedoch eine deutliche Schlagseite zugunsten wirtschaftsnaher Akteure und das Vorhandensein systematischer Interessenkonflikte.
2.1 Qualitative Analyse: Dominanz wirtschaftsnaher Akteure Die Zusammensetzung der Jury des DNP 2025 zeigt eine quantitative Mehrheit von Personen, deren berufliche Existenz direkt oder indirekt von der Wirtschaft abhängt:
- Wirtschaftsverbände stellen mit 23,1 % (ca. 55 Jurymitglieder) die größte Einzelgruppe dar. Ihre primäre Aufgabe ist die Lobbyarbeit und Vertretung der Interessen ihrer Mitgliedsunternehmen, was im direkten Widerspruch zu einer neutralen Bewertung stehen kann.
- Unternehmen/Wirtschaft sind mit 18,9 % (ca. 45 Jurymitglieder) stark vertreten. Führungskräfte aus Unternehmen bringen zwar Praxiserfahrung ein, sind aber selbst Teil des zu bewertenden Systems, was zu mangelnder kritischer Distanz führen kann.
- Unternehmensberatungen machen 14,7 % (ca. 35 Jurymitglieder) aus. Nachhaltigkeitsberater sind in einer „heiklen Doppelrolle“, da die bewerteten Unternehmen potenzielle Kunden für ihre Firmen sind, was einen „inhärenten finanziellen Anreiz“ schafft.
Zusammenfassend sind rund 57 % (135 von 238) der Juroren einem Sektor mit direkten kommerziellen Interessen oder inhärenten Loyalitäts- und Interessenkonflikten zuzuordnen.
2.2 Spezifische Interessenkonflikte von Jurymitgliedern Der Bericht hebt zahlreiche Beispiele von Jurymitgliedern hervor, deren Eignung aufgrund ihrer beruflichen Rollen und öffentlichen Positionen fragwürdig erscheint:
- Industrie-Lobby: Diese Jurymitglieder stellen häufig die „Wettbewerbsfähigkeit vor Klimaschutz“.
- Andreas Rade (Geschäftsführer, Verband der Automobilindustrie, VDA) lobbyiert aktiv gegen einen festen Endtermin für den Verbrennungsmotor und für E-Fuels, um die bestehenden Geschäftsmodelle der Branche zu schützen.
- Matthias Belitz (Bereichsleiter Nachhaltigkeit, Energie und Klimaschutz, Verband der Chemischen Industrie e.V., VCI) stellt die Energiewende als Bedrohung dar und fordert „wettbewerbsfähige Strompreise“ zum Schutz der Chemieindustrie.
- Martin Schneider (Hauptgeschäftsführer, Verein Deutscher Zementwerke e.V., VDZ) setzt stark auf CO2-Abscheidung, -Nutzung und -Speicherung (CCUS) als „Schlüsseltechnologie“, was Anreize für weniger kohlenstoffintensive Baustoffe verringern kann.
- Matthias Frederichs (Hauptgeschäftsführer, Bundesverband Baustoffe – Steine und Erden e.V., bbs) vertritt die Rohstoffindustrie, deren Geschäftsmodell auf der Gewinnung endlicher Ressourcen basiert und lobbyiert gegen „übermäßige Bürokratie“.
- Timm Kehler (Vorstand, DIE GAS- UND WASSERSTOFFWIRTSCHAFT e.V.) zielt darauf ab, Gas und die Infrastruktur als zentrale Säule der Energiewende zu verankern, indem er Wasserstoff als Vorwand für den Weiterbetrieb von Gaskraftwerken nutzt.
- Denny Ohnesorge (Hauptgeschäftsführer, Hauptverband der Deutschen Holzindustrie und Kunststoffe e.V., HDH) positioniert sich als direkter Gegenspieler von Umweltorganisationen und strengeren Waldschutzgesetzen.
- Johann Overath (Hauptgeschäftsführer, Bundesverband Glasindustrie e.V.) stellt Dekarbonisierung primär als Kosten- und Politikfrage dar, die staatliche Unterstützung erfordert.
- Ivonne Arenz (Alleinige Geschäftsführerin, Verband Bergbau, Geologie und Umwelt e.V., VBGU) fördert explizit den heimischen Bergbau, was im direkten Gegensatz zu Nachhaltigkeitsprinzipien steht.
- Technologie-Lobby: Diese Jurymitglieder vertreten Sektoren, die „den Markt richten sollen“.
- Dennis Rendschmidt (Geschäftsführer, VDMA Power Systems) befürwortet „Technologieoffenheit“ und „wasserstofffähige Gaskraftwerke“, um eine fortgesetzte Rolle für Technologien zu sichern, die mit fossilen Brennstoffen verbunden sind.
- Markus Staudt (Hauptgeschäftsführer, Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie, BDH) war ein zentraler Akteur in der Debatte um das Gebäudeenergiegesetz und fordert eine „technologieoffene Strategie“, um Marktraum für gasbasierte Heizsysteme zu sichern.
- Jochen Kreusel (Senior Vice President, Hitachi Energy Ltd.) fokussiert auf großskalige Infrastrukturlösungen und kritisiert Konzepte der dezentralen Autarkie, ohne Suffizienz anzusprechen.
- Mark Becker von Bredow (Bereichsleiter Elektrifizierung und Klima, ZVEI e.V.) vertritt die Position, dass Klimaneutralität am effizientesten über die Elektrifizierung aller Sektoren führt, was den kommerziellen Interessen der ZVEI-Mitglieder dient.
- Regulierungs-Bremser: Diese Gruppe stellt Umweltauflagen systematisch als „bürokratische oder wirtschaftliche Belastung“ dar.
- Ingeborg Esser (Hauptgeschäftsführerin, GdW) stellt ehrgeizige Klimamaßnahmen als Bedrohung für die soziale Bezahlbarkeit dar, um Investitionen in energetische Sanierungen zu verzögern.
- Thomas Keiser (Geschäftsführer, IKW) beklagt die Belastung durch Regulierung, obwohl er die nachhaltige Transformation als „Chance“ darstellt.
- Boris Thurisch (Geschäftsführer Nachhaltigkeit, BPI) lobbyiert gegen ein pauschales Verbot von PFAS, obwohl er für Nachhaltigkeit zuständig ist.
- Marcel Winter (Leiter Büro Brüssel, BVE) lobbyiert aktiv gegen Verbote von Einwegverpackungen und fordert einen „Korrekturfaktor“ bei den Reduktionszielen für Lebensmittelabfälle.
- Christian Mieles (Geschäftsführer, BVLH) lobbyiert systematisch für freiwillige statt verbindlicher Maßnahmen in der Lebensmittelkennzeichnung.
- Anne Göbel (Leiterin CSR und Kreislaufwirtschaft, t+m) lobbyiert aktiv für eine Vereinfachung und Verschiebung von EU-Richtlinien wie der Lieferkettenrichtlinie.
- Björn Börgermann (Hauptgeschäftsführer, MIV) vertritt eine Industrie, deren Geschäftsmodell in direktem Konflikt mit Klimaschutzzielen steht und setzt auf freiwillige, wenig ambitionierte Maßnahmen.
- Claudia Conen (Hauptgeschäftsführerin, BDL) nutzt Nachhaltigkeit als Hebel, um bessere Konditionen für die Leasing-Branche zu fordern, anstatt sie als übergeordnetes Ziel zu sehen.
- Christian Haeser (Geschäftsführer, HWB) betrachtet Nachhaltigkeit primär als Markttrend und Verkaufsargument, während sein Verband vor überstürzten Maßnahmen warnt.
- Nadine Behncke (Referatsleiterin Gesundheitswirtschaft, DIHK) stellt notwendige Regulierungen als Belastung und Innovationshemmnis für die Gesundheitsindustrie dar.
- System-Apologeten: Diese Jurymitglieder relativieren ambitionierte Klimapolitik grundsätzlich.
- Andreas Gassen (Vorstandsvorsitzender, KBV) ignoriert die Klimakrise als strategische Priorität für das Gesundheitswesen weitgehend.
- Thomas Puls (Senior Economist, IW) fordert die Abschaffung zentraler Klimaschutzmaßnahmen im Verkehrssektor, darunter das Verbrenner-Aus und die CO2-Abgabe.
- Knut Giesler (Bezirksleiter, IG Metall NRW) konzentriert sich auf die Sicherung von Arbeitsplätzen, was in Konflikt mit schnelleren, disruptiveren Veränderungen geraten kann.
- Torsten Jäger (Leiter Sustainable Finance, BdB) lehnt einen „Degrowth-Ansatz“ ab und sieht robustes Wirtschaftswachstum als Voraussetzung für Klimaschutz, während er ambitionierte Regulierungen kritisiert.
- Kompromittierte Unabhängigkeit: Personen mit direkten Verfehlungen oder vielfältigen Unternehmensfunktionen.
- Werner Diwald (ehem. Vorstandsvorsitzender, DWV) wurde im Nachgang der „H2-Förderaffäre“ von seinem Posten entfernt, was Vorwürfe der Vetternwirtschaft bei der Vergabe von Bundesfördermitteln umfasste.
- Han Steutel (Präsident, vfa) lobbyiert gegen ein EU-Pharmapaket, das explizit die Umweltverträglichkeit von Arzneimitteln verbessern soll.
- Margret Suckale (Multiaufsichtsrätin, u.a. Deutsche Telekom, Heidelberg Materials) sitzt in Aufsichtsräten von Branchen mit hohem Umwelteinfluss, was ein „tiefgreifendes Netz von Interessenkonflikten“ schafft.
- Dr. Tobias Wollermann (Group Vice President Corporate Responsibility, Otto Group) ist direkt für den Umgang mit schwerwiegenden Vorwürfen wie im Fall Royal Knitting verantwortlich, wo Arbeiterinnen ohne Lohn entlassen wurden.
- Michael Arretz (Geschäftsführer, Management in Accordance GmbH) bietet Nachhaltigkeit als Beratungsgeschäft an, was einen inhärenten Interessenkonflikt darstellt.
- Simon Schäfer-Stradowsky (Geschäftsführender Vorstand, IKEM) leitet ein Institut, das sich als unabhängig versteht, aber Schenkungen von „Strategischen Partnern“ wie Viessmann und ENERTRAG SE erhält.
- Akademische Experten mit Industrienähe: Wissenschaftler, deren enger Fokus auf technologische Machbarkeit und Zusammenarbeit mit der Industrie suffizienzorientierte Ansätze vernachlässigt.
- Reiner Nagel (Vorstandsvorsitzender, Bundesstiftung Baukultur) betont die ästhetische und emotionale Qualität von Architektur, was ökologische Notwendigkeiten in den Hintergrund drängen kann.
- Dr. Dirk Bockmühl (Professor für Hygiene und Mikrobiologie, Hochschule Rhein-Waal) konzentriert sich auf die Optimierung bestehender Produkte, blendet aber systemische Probleme der Konsumgüterindustrie aus.
- Dr. Michael Heister (Abteilungsleiter, BIBB) konzentriert sich auf die Qualifizierung für das bestehende System, ohne dieses kritisch zu hinterfragen.
- Dr. Carlo Holly (Lehrstuhlinhaber, RWTH Aachen) ist stark mit der Industrie verbunden und fokussiert auf die Optimierung industrieller Prozesse.
- Dr.-Ing. Peter Jeschke (Institutsdirektor, RWTH Aachen) konzentriert sich auf die technologische Optimierung des nicht nachhaltigen Luftfahrtsektors, anstatt systemische Verkehrswende zu fördern.
- Dr. Thomas Jüstel (Dekan, FH Münster) berät Unternehmen und forscht an „End-of-Pipe“-Lösungen wie Kunststoffen, die sich im Meerwasser zersetzen sollen, statt die Produktion zu reduzieren.
- Dr.-Ing. Katharina Schmitz (Institutsdirektorin, RWTH Aachen) fokussiert auf Effizienzsteigerung bestehender Industrietechnologien statt Systemwandel.
- Kontroverse: Prof. Dr. André Thess:
- Dr. André Thess (Institutsdirektor, DLR) lud den bekannten Klimawandelleugner Fritz Vahrenholt und Björn Lomborg zu einer Fachtagung ein, was seine Eignung als Juror fundamental infrage stellt.
2.3 Fehlende kritische Perspektiven Obwohl der DNP formal viele Sektoren abdeckt, sind kritische Akteure auffallend unterrepräsentiert oder fehlen gänzlich:
- Kritische Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen: Streitbare „Wachhunde“ wie die Deutsche Umwelthilfe (DUH), Greenpeace oder Amnesty International, die juristisch gegen Greenwashing vorgehen oder sich kritisch mit Lieferketten auseinandersetzten, sind kaum vertreten. Ihre Abwesenheit schwächt die soziale und ökologische Kontrollfunktion.
- Verbraucherschutzorganisationen: Zentrale Akteure wie der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) fehlen. Ihre Expertise im Entlarven irreführender Werbeversprechen wäre essenziell.
- Unabhängige Finanz- und Rechtsexperten für Greenwashing: Es fehlt an spezialisierten Juristen für Umwelt- und Kapitalmarktrecht sowie kritischen Finanzanalysten, die die Werbeaussagen von Unternehmen mit juristischer Härte prüfen könnten.
- Investigative Medien und kritischer Fachjournalismus: Die Medienvertretung ist „verschwindend gering“ (0,8 %). Es fehlen explizit Journalisten von investigativen Ressorts, die Widersprüche aufdecken könnten.
- Chronik der Fehlurteile: Skandal-Preisträger und ihre Konsequenzen
Die Liste der Nominierten und Gewinner des DNP ist gespickt mit Kontroversen und Fehlurteilen, die das Muster des Greenwashings und einer mangelhaften Prüfung belegen.
- Unilever (2012): Der Konzern wurde trotz „massiver Verstrickung in Palmöl-Problematik“ (Regenwaldzerstörung, Menschenrechtsverletzungen) nominiert. Dies wurde von ROBIN WOOD und Rettet den Regenwald als „Beihilfe zum Greenwashing“ gewertet.
- Fynn Kliemann (2020): Der Influencer erhielt einen Ehrenpreis, bevor seine „betrügerischen Machenschaften“ aufgedeckt wurden. Der DNP selbst gestand ein: „Fynn Kliemann hat uns hereingelegt“. Dies beweist „mangelnde Sorgfalt bei der Auswahl“.
- Got Bag (2022): Das Unternehmen wurde trotz „irreführender Werbeversprechen“ („100 % Ozeanplastik“) nominiert, was die „fehlende Überprüfung der Unternehmensangaben durch die Jury offenbarte“.
- Leuphana Universität Lüneburg (2023): Die Auszeichnung erfolgte trotz „massiver Kritik an einer mit der Universität ‚verbandelten‘ Jury“ und dem Umstand, dass die Universität „Aufwandsentschädigungen“ vom Preisvergeber erhielt, was einen „direkten und unhaltbaren Interessenkonflikt“ Es gab eine „außergewöhnlich hohe Konzentration von Mitgliedern“, die direkt mit der Leuphana Universität Lüneburg verbunden sind.
- Funke Mediengruppe (2024): Die Auszeichnung erfolgte trotz eines „Interessenkonflikts von Gundula Ullah“, die als Nachhaltigkeitschefin bei Funke und gleichzeitig als DNP-Jurorin tätig war. Ihre Rolle als Nachhaltigkeitschefin wurde in der Jury-Liste verschleiert. Dies wurde als „klarer Interessenkonflikt“ bezeichnet, da „jemand in der Jury sitzt, Preise bewertet – und gleichzeitig für einen der Preisträger arbeitet“.
- Stadt Osnabrück (2020): Die Stadt wurde als „nachhaltigste Großstadt“ für Pläne und Partizipationsformate ausgezeichnet, während die Realität eine „Asphaltwüste“ am Ledenhof, ignorierte Bürgerbeteiligung (Neumarkt) und „ökologisch absurde Maßnahmen“ („Bäume in der Kiste“ an der Pagenstecherstraße) zeigte. Die Auszeichnung basierte auf einem „schön gezeichneten Selbstbild, das an der Realität zerschellte“.
Block IV: Die Folgen des Greenwashings – Glaubwürdigkeitskrise, Abschreckung zivilgesellschaftlicher Kritik und Rufschädigung
Manche Quellen bezeichnen den DNP als eine „perfektionierte Greenwashing-Maschine“ und ein „hochentwickeltes Greenwashing-Instrument“, das darauf abzielt, Unternehmen einen „grünen Schein“ zu verleihen, ohne dass dafür „nachprüfbarer Beweis“ erbracht oder offengelegt wird.
- Sponsoring durch umweltkritische Konzerne: Eine Hauptkritik richtet sich gegen das Sponsoring des DNP durch große Konzerne. Die Liste der Partner und Sponsoren, darunter Coca-Cola (als einer der größten Plastikverschmutzer weltweit), BASF, Volkswagen (Architekt des Diesel-Skandals) und PreZero (Lidl/Kaufland), wird als „Who is Who der Umweltzerstörung“ bezeichnet. Kritiker wie Jürgen Resch von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) sehen den Preis als „Werbeveranstaltung für Unternehmen“ missbraucht, da ein Preis, der von den größten Problemverursachern finanziert wird, niemals ein glaubwürdiger Schiedsrichter für deren Lösung sein könne. Das Startup Kiezbett, ein ehemaliger Finalist, zog sich entsetzt zurück und warf dem DNP vor, diesen Unternehmen eine Plattform für Greenwashing zu bieten, was auf „Konsumententäuschung“ und „Ablasshandel“ hinauslaufe.
- Verwischung der Grenzen und Entwertung von Erfolgen: Der DNP wird kritisiert, weil er die Grenzen zwischen „echten Pionieren und Konzernen mit destruktiven Geschäftsmodellen“ verwischt und die Standards senkt. Die Auszeichnung belohnt oft „vage Pläne und zahnlose Initiativen“, was „messbare Erfolge“ entwertet. Ein exemplarisches Beispiel hierfür ist die Auszeichnung der Stadt Osnabrück als „nachhaltigste Großstadt“ für ihre Pläne und Partizipationsformate, während die Realität eine „Asphaltwüste“ zeigte, Bürgerbeteiligung ignoriert wurde und „ökologisch absurde Maßnahmen“ wie „Bäume in der Kiste“ umgesetzt wurden. Die Jury basierte ihre Entscheidungen in diesem Fall fast ausschließlich auf Prozessen, Plänen und Dokumenten und nicht auf konkreten, nachweisbaren Ergebnissen.
- Die SLAPP-Klage: Juristische Einschüchterung als Reaktion auf Kritik
Das sogenannte „Unordnungsamt Osnabrück“ führte eine satirische Protestaktion gegen den Deutschen Nachhaltigkeitspreis (DNP) und die Stadt Osnabrück durch.
Im Detail lief Folgendes ab:
- Erstellung einer Fake-Website: Das Unordnungsamt erstellte eine gefälschte Website, die visuell und sprachlich die offizielle Webseite des Deutschen Nachhaltigkeitspreises imitierte.
- Fiktive Preisaberkennung: Über diese Fake-Website veröffentlichten sie eine „Falschmeldung“, in der sie der Stadt Osnabrück den 2020 verliehenen Deutschen Nachhaltigkeitspreis symbolisch aberkannten.
- Motivation – Kritik am Greenwashing: Die Motivation hinter dieser Aktion war es, auf das Greenwashing der Stadt Osnabrück aufmerksam zu machen. Das Unordnungsamt argumentierte, Osnabrück sei 2020 für „bürgernahe, ökologische und soziale Stadtentwicklung“ ausgezeichnet worden, habe aber in der Realität Projekte wie die „Asphaltwüste“ am Ledenhof umgesetzt und die Bürgerbeteiligung ignoriert, was den prämierten Zielen widerspreche. Sie kritisierten auch die ökologisch fragwürdigen „Bäume in der Kiste“ an der Pagenstecherstraße.
- Verleihung eines „Negativpreises“: Als Reaktion auf diese Diskrepanz verlieh das Unordnungsamt der Stadt Osnabrück einen eigenen „Negativpreis“: „Der Goldene Betonklotz für herausragende Verdichtungsarbeit“.
- Reaktion des DNP: Der Deutsche Nachhaltigkeitspreis reagierte auf die Aktion mit einer anwaltlichen Abmahnung. Darin wurden dem Unordnungsamt verschiedene juristische Vorwürfe gemacht, darunter Täuschung der Öffentlichkeit, Diskreditierung des DNP, Reputations- und Vermögensschäden, wettbewerbswidrige Irreführung, Urheberrechtsverletzung und Nachahmung amtlicher Veröffentlichungen.
- Antwort des Unordnungsamtes: Das Unordnungsamt nahm die juristische Drohung gelassen auf und sah darin eine Chance, die eigenen Kritikpunkte am DNP öffentlich zu belegen. Sie erklärten, ihre Aktion sei Satire und Kunstfreiheit (Artikel 5 GG) geschützt, deren Ziel die Entlarvung und Anregung einer öffentlichen Debatte sei, nicht die Täuschung oder Bereicherung. Zudem wiesen sie auf einen mutmaßlichen Verstoß des DNP gegen die DSGVO hin, da die Abmahnungs-E-Mail einen Tracking-Link enthielt.
Die Abmahnung des DNP an das „Unordnungsamt“ wird als „Paradebeispiel einer SLAPP-Drohung“ (Strategic Lawsuit Against Public Participation) eingestuft. SLAPP-Klagen sind demnach missbräuchliche juristische Auseinandersetzungen, die nicht auf die Durchsetzung legitimer Rechtsansprüche abzielen, sondern darauf, Kritiker einzuschüchtern, finanziell auszuzehren und zum Schweigen zu bringen. Sie zeichnen sich durch eine Macht- und Ressourcen-Asymmetrie aus und stellen einen Angriff auf die Meinungs- und Kunstfreiheit dar.
- Die juristischen Drohungen des DNP: Der DNP drohte dem „Unordnungsamt“ mit weitreichenden rechtlichen Schritten, darunter Strafanzeigen wegen Betrugs (§ 263 StGB), Identitätsmissbrauchs (§ 22 DSGVO i.V.m. § 823 BGB), wettbewerbswidriger Irreführung (§ 5 UWG), Urheberrechtsverletzung (§§ 106 ff. UrhG) und Nachahmung amtlicher Veröffentlichungen (§ 132a StGB). Hinzu kamen zivilrechtliche Forderungen auf Unterlassung, Schadensersatz wegen Reputations- und Vermögensschäden sowie die Löschung bzw. Übertragung der Domain.
- Reaktion und Dekonstruktion der Vorwürfe durch das „Unordnungsamt“: Das „Unordnungsamt“ nahm die angedrohte gerichtliche Klärung an und forderte eine öffentliche Prüfung der Reputation des DNP unter Eid. Es argumentierte, der Schaden an der DNP-Reputation sei „hausgemacht und strukturell“.
- Urheberrechtsverletzung: Die Nutzung von Textbausteinen und dem Logo des DNP durch das „Unordnungsamt“ erfolgte zu Zwecken der Parodie und Satire und sei durch die Kunstfreiheit geschützt.
- Wettbewerbswidrige Irreführung: Der Vorwurf sei „absurd“, da das „Unordnungsamt“ als zivilgesellschaftlicher Kritiker und nicht als Wettbewerber agiere und keine geschäftlichen Interessen verfolge. Das UWG sei hier nicht anwendbar.
- Nachahmung amtlicher Veröffentlichungen (§ 132a StGB): Das „Unordnungsamt“ wies darauf hin, dass der DNP ein privater Verein ist und nicht staatlich. Die Drohung mit diesem Paragraphen, der ausschließlich für hoheitliche Akte und echte Behörden gelte, beweise unfreiwillig, dass der DNP bewusst eine „staatliche Aura vortäuscht“. Dies wurde als „juristischer Offenbarungseid“ bezeichnet.
- Betrug & Identitätsmissbrauch: Die Aktion sei satirisch und politisch motiviert, nicht auf Täuschung oder Bereicherung ausgelegt, da sie vom „Unordnungsamt“ selbst schnell öffentlich aufgelöst wurde. Das Ziel sei die Entlarvung.
- Schutzschild der Kunstfreiheit: Die gesamte Aktion des „Unordnungsamtes“ sei als Satire durch die Kunstfreiheit (Artikel 5 Absatz 3 GG) gedeckt, und die Kritik am DNP sei ein Thema von öffentlichem Interesse.
- Rechtsbruch durch den DNP: Das „Unordnungsamt“ deckte auf, dass die Abmahnungs-E-Mail des DNP selbst einen Tracking-Link enthielt, was einen klaren Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) darstellt. Dies untergrabe die Glaubwürdigkeit des DNP und zeige eine Diskrepanz zwischen öffentlichem Anspruch und tatsächlichem Handeln.
Stefan Schulze-Hausmann, der Gründer und alleinige Geschäftsführer der Coment GmbH sowie Vorstandsvorsitzender des als Verein organisierten Deutschen Nachhaltigkeitspreises (DNP), ist selbst Jurist. Sein Verhalten in der Auseinandersetzung mit dem „Unordnungsamt Osnabrück“ ist als „aggressiv und einschüchternd“ zu beschrieben und als „klassischer Einschüchterungsversuch“ gewertet. Da der Text der Abmahnung online ist, kann das als gesichert betrachtet werden.
Konkret drohte Schulze-Hausmann dem „Unordnungsamt“ eine strategische Klage gegen öffentliche Beteiligung an, die darauf abzielt, Kritiker zum Schweigen zu bringen. Die Abmahnung enthielt eine Reihe von juristischen Drohungen, darunter Strafanzeigen wegen Betrug, Identitätsmissbrauch, wettbewerbswidriger Irreführung, Urheberrechtsverletzung und, besonders auffällig, „Nachahmung amtlicher Veröffentlichungen“ (§ 132a StGB). Letzterer Vorwurf ist nach Ansicht der Kritiker „juristisch unhaltbar“ und dient offensichtlich allein der Einschüchterung, da dieser Paragraph ausschließlich hoheitliche Akte und Behörden schützt. Die Verwendung dieses Paragraphen entlarvt unfreiwillig, dass der DNP selbst bewusst immer noch eine staatliche Aura vortäuscht, die er nicht besitzt. Das „Unordnungsamt“ bezeichnete dies als „juristischen Offenbarungseid“.
Zusätzlich dazu beging der DNP – bzw. Schulze-Hausmann als Absender – in der Abmahnungs-E-Mail selbst einen klaren Rechtsverstoß: Die Nachricht enthielt einen Tracking-Link, der das Klickverhalten des Empfängers ohne dessen Einwilligung erfasste, was einen eindeutigen Verstoß gegen die DSGVO darstellt. Diese „Ironie des Rechtsbruchs“ untergräbt die Glaubwürdigkeit des DNP zusätzlich und zeigt eine Diskrepanz zwischen dem öffentlichen Anspruch und dem internen Handeln. Die Reaktion des DNP wird somit nicht als sachlicher Dialog, sondern als Versuch gewertet, Kritik durch rechtliche Mittel zu unterdrücken.
- Fazit der Glaubwürdigkeitskrise
Wir kommen zu der Schlussfolgerung, dass der DNP in seiner jetzigen Form nicht nur unglaubwürdig, sondern schädlich ist.
- „Gigantisches Spektakel“ statt echter Wandel: Der Preis sei zu einem „gigantischen Spektakel“ verkommen, das mehr mit „Selbstbeweihräucherung als echtem Wandel“ zu tun habe. Er wird als „Symptom einer Gesellschaft“ gesehen, „die über Nachhaltigkeit reden, aber schmerzhafte Schritte vermeiden will“.
- Notwendigkeit radikaler Reformen: Ohne „radikale Reform“ – die Transparenz erzwingt, kommerzielle Interessen kappt und Kriterien kompromisslos verschärft – bleibt der DNP die „glänzendste und teuerste Greenwashing-Gala Deutschlands“.
- Aggressive Reaktion bestätigt Kritik: Die aggressive und juristisch unhaltbare Reaktion des DNP auf Kritik durch das „Unordnungsamt“ bestätige die geäußerte Kritik: Statt Dialog werde Einschüchterung gewählt.
- Präzedenzfall gegen SLAPPs: Der Fall DNP vs. „Unordnungsamt“ wird als wichtiger Präzedenzfall für den Schutz zivilgesellschaftlichen Engagements gegen SLAPPs betrachtet. Die europäische Anti-SLAPP-Richtlinie (EU) 2024/1069 etabliere zudem einen normativen Standard zum Schutz der Meinungsfreiheit.
Zusätzlich zur direkten Beschreibung der Folgen des Greenwashings, der SLAPP-Klage und der Glaubwürdigkeitskrise, untermauern weitere, in den Quellen detaillierte Aspekte diese Schlussfolgerungen:
- Kommerzialisierung der „Ehre“: Der DNP wird als kommerzielles Unternehmen beschrieben, das geschickt hinter der Fassade eines Vereins agiert. Die Nutzung des Siegels nach einer Auszeichnung kostet Unternehmen eine „vier- bis fünfstellige Summe“, bis zu 20.000 Euro. Gala-Tickets kosten 750 € (plus MwSt.) oder mehr pro Person, was sogar gemeinnützige Preisträger wie den FC Internationale Berlin dazu zwingt, Spender zu suchen. Die Preisvergabe an 100 Gewinner dient der „massiven Erweiterung des Pools an ‚Kunden‘“ für Siegellizenzen und Galatickets, was den kommerziellen Charakter verstärkt. Pioniere wie Weleda und Börlind lehnten den Preis öffentlich ab, da „Nachhaltigkeit nicht käuflich“ sei.
- Stefan Schulze-Hausmanns Doppelrolle: Der Gründer des DNP, Stefan Schulze-Hausmann, fungiert als Vorstand des Vereins „Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis e.V.“ und gleichzeitig als alleiniger Geschäftsführer und Markeninhaber des DNP über seine private Coment GmbH, die vom Verein mit der operativen Umsetzung beauftragt wird. Diese Konstellation stelle einen „eklatanten Interessenkonflikt“ dar und ermögliche es, Einnahmen aus Sponsoring und Gebühren in ein privates Unternehmen zu leiten.
- Vertrauensentzug der Bundesregierung: Der DNP erhielt über Jahre hinweg mindestens 4,9 Millionen Euro an Steuergeldern aus verschiedenen Bundesministerien. Jedoch stoppte das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) die Förderung 2023 wegen „grundlegender zuwendungsrechtlicher Bedenken“. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) zog sich ebenfalls 2023 wegen „mögliche[m] Reputationsrisiko“ und dem „Anschein der persönlichen Begünstigung“ Stefan Schulze-Hausmanns zurück. Das Bundesumweltministerium (BMUV) bestritt eine Partnerschaft und „strebt keine weitere Zusammenarbeit an“. Trotz des Rückzugs warb der DNP teilweise weiterhin mit nicht mehr bestehenden Partnerschaften.
- Intransparenz des Bewertungsprozesses: Die genauen Algorithmen, die Kriterien und die Funktionsweise der „KI-gestützten Analyse“ des zentralen „Recherchepartners“ score4more sind nicht öffentlich nachprüfbar oder auditierbar. Das Geschäftsmodell von score4more basiert auf dem Verkauf von Premium-Dienstleistungen an die bewerteten Unternehmen, was einen strukturellen Interessenkonflikt darstellt, da der DNP-Bewerbungsprozess als „direkter Vertriebskanal“ für score4more dient. Ehemalige Juroren bestätigten zudem, dass sie sich „im Wesentlichen auf die Informationen des Assessmentpartners verlassen“ hätten und Entscheidungen „kaum nachzuvollziehen“ gewesen seien. Eingereichte Bewerbungen und detaillierte Jury-Begründungen werden als „streng vertraulich“ behandelt, was eine externe Überprüfung verhindert.
- Kontroverse Jurymitglieder und Preisträger: Die Jury des DNP weist eine „Dominanz wirtschaftsnaher Akteure“ auf (Wirtschaftsverbände, Unternehmen, Unternehmensberatungen), während unabhängige Wissenschaftler und Zivilgesellschaft unterrepräsentiert sind. Es wurden mehrere „Fehlurteile“ bei Preisträgern wie Unilever (trotz Palmöl-Problematik), Fynn Kliemann (vor Aufdeckung betrügerischer Machenschaften), Got Bag (trotz irreführender Werbeversprechen), Leuphana Universität (trotz „verbandelter“ Jury und Aufwandsentschädigung) und Funke Mediengruppe (Interessenkonflikt der Jurorin Gundula Ullah) dokumentiert.
- Julia Klöckner als Symbolfigur: Ihre Schirmherrschaft wird als „Ölminister-leitet-Klimakonferenz“-Analogie bezeichnet und als Symbol für die strukturellen Interessenkonflikte des DNP. Ihre Bilanz als Bundeslandwirtschaftsministerin wird als „verheerend“ kritisiert, da sie Klientelpolitik für die Agrarindustrie betrieb und eine „Nähe zur Lebensmittel-Lobby“ zeigte.
Insgesamt zeigt sich ein umfassendes Bild einer Organisation, die trotz ihres Anspruchs, Nachhaltigkeit zu fördern, aufgrund ihrer Struktur und Praktiken selbst in einer tiefen Glaubwürdigkeitskrise steckt und aktiv zum Greenwashing beitragen könnte.
Fazit
Der Deutsche Nachhaltigkeitspreis (DNP), der sich selbst als „Europas größte Bühne für Nachhaltigkeit“ und den „Oscar der Nachhaltigkeit“ inszeniert, wird von Kritikern als eine „perfektionierte Greenwashing-Maschine“ und ein „hochentwickeltes Greenwashing-Instrument“ angeklagt. Die zentrale Kritik lautet, dass der DNP Unternehmen einen „grünen Schein“ verleiht, ohne dass dafür nachprüfbare Beweise erbracht oder offengelegt werden. Er verschleiert die Grenzen zwischen tatsächlichen Nachhaltigkeitspionieren und Konzernen mit umweltschädlichen Geschäftsmodellen und belohnt oft vage Pläne sowie zahnlose Initiativen, was messbare Erfolge entwertet.
Die Fassade der Legitimität und ihre Brüche
Die tiefgreifende Kritik am DNP wird von Umweltorganisationen wie der Deutschen Umwelthilfe, führenden Medien und sogar von Nachhaltigkeitspionieren wie Weleda und Börlind geteilt.
- Kommerzialisierung der „Ehre“: Trotz des Anscheins einer staatlich legitimierten Auszeichnung ist der DNP primär ein kommerzielles Unternehmen.
◦ Die Nutzung des DNP-Siegels nach einer Auszeichnung ist kostenpflichtig und kann eine „vier- bis fünfstellige Summe“ von bis zu 20.000 Euro betragen.
◦ Gala-Tickets kosten 750 Euro (plus Mehrwertsteuer) oder mehr, sodass selbst gemeinnützige Preisträger wie der FC Internationale Berlin Spender suchen müssen, um teilnehmen zu können.
◦ Der Gründer Stefan Schulze-Hausmann befindet sich in einer problematischen Doppelrolle als Vorstand des DNP-Vereins und gleichzeitig als alleiniger Geschäftsführer seiner Coment GmbH, die exklusiv mit der operativen Umsetzung des Preises beauftragt wird. Dies schafft einen direkten finanziellen Anreiz zur Maximierung des kommerziellen Erfolgs.
◦ Unternehmen wie Weleda und Börlind lehnen den Preis öffentlich ab, da „Nachhaltigkeit nicht käuflich“ sei.
- Fragwürdige Preisträger: Die Liste der Nominierten und Gewinner ist mit Kontroversen behaftet, die auf mangelnde Sorgfalt oder oberflächliche Prüfung hindeuten. Beispiele hierfür sind:
◦ Unilever (2012): Nominierung trotz massiver Verstrickung in die Palmöl-Problematik (Regenwaldzerstörung, Menschenrechtsverletzungen), was als „Beihilfe zum Greenwashing“ gewertet wurde.
◦ Fynn Kliemann (2020): Erhielt einen Ehrenpreis, noch bevor seine betrügerischen Machenschaften aufgedeckt wurden. Der DNP gestand ein, Fynn Kliemann habe sie „hereingelegt“.
◦ Got Bag (2022): Nominierung trotz irreführender Werbeversprechen („100 % Ozeanplastik“), was die fehlende Überprüfung der Unternehmensangaben offenbarte.
◦ Leuphana Universität (2023): Auszeichnung trotz massiver Kritik an einer „verbandelten“ Jury und finanzieller Aufwandsentschädigung für die Universität.
◦ Funke Mediengruppe (2024): Auszeichnung trotz Interessenkonflikts von Gundula Ullah, die als Nachhaltigkeitschefin bei Funke und DNP-Jurorin agierte, wobei ihre Rolle in der Jury-Liste verschleiert wurde.
◦ Stadt Osnabrück (2020): Als „nachhaltigste Großstadt“ für Pläne und Partizipationsformate ausgezeichnet, während die Realität Projekte wie die „Asphaltwüste“ am Ledenhof, ignorierte Bürgerbeteiligung und ökologisch fragwürdige „Bäume in der Kiste“ zeigte.
- Intransparenz der Bewertung und Rolle der Jury: Der Bewertungsprozess ist eine „Black Box“.
◦ Der DNP nutzt das System „score4more“ als zentralen „Recherchepartner“, dessen Algorithmen und KI-gestützte Analyse nicht öffentlich nachprüfbar sind.
◦ score4more hat einen strukturellen Interessenkonflikt, da sein Geschäftsmodell auf dem Verkauf von Premium-Dienstleistungen an die bewerteten Unternehmen basiert, wodurch der DNP-Bewerbungsprozess als „direkter Vertriebskanal“ für score4more dient.
◦ Ehemalige Juroren bestätigten, dass sie sich „im Wesentlichen auf die Informationen des Assessmentpartners verlassen haben“ und Jury-Entscheidungen „kaum nachzuvollziehen“ seien. Eingereichte Bewerbungen und detaillierte Jury-Begründungen werden als „streng vertraulich“ behandelt und nicht veröffentlicht, was eine externe Überprüfung verhindert.
- Verlust staatlicher Legitimität:
◦ Der DNP erhielt über Jahre hinweg mindestens 4,9 Millionen Euro an Steuergeldern von verschiedenen Bundesministerien.
◦ Die Kommunikation des DNP bewirbt weiterhin eine „enge Kooperation mit der Bundesregierung“, obwohl zentrale Ministerien die Förderung eingestellt haben.
◦ Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) stoppte die Förderung 2023 wegen „grundlegender zuwendungsrechtlicher Bedenken“.
◦ Das BMZ beendete die Zusammenarbeit 2023 wegen „mögliche[m] Reputationsrisiko“ und dem „Anschein der persönlichen Begünstigung“ des Initiators Stefan Schulze-Hausmann.
◦ Das Bundesumweltministerium (BMUV) dementierte eine Partnerschaft und „strebt keine weitere Zusammenarbeit an“.
◦ Diese Rückzüge und die Gründe dafür deuten auf „fundamentale Probleme in der Governance, der rechtlichen Struktur und dem Geschäftsmodell des DNP“ hin.
Die Folgen: Eine Glaubwürdigkeitskrise
Der DNP in seiner jetzigen Form ist nicht nur unglaubwürdig, sondern schädlich. Er ist zu einem „gigantischen Spektakel“ verkommen, das mehr Selbstbeweihräucherung als echten Wandel fördert. Er dient als „Werbeveranstaltung für Unternehmen“ und ist ein Symptom einer Gesellschaft, die zwar über Nachhaltigkeit reden, aber schmerzhafte Schritte vermeiden will.
Reaktion auf Kritik: Einschüchterung statt Dialog
Die Reaktion des DNP auf Kritik wird als aggressiv und einschüchternd beschrieben.
- SLAPP-Drohung: Die anwaltliche Abmahnung an das „Unordnungsamt Osnabrück“ wird als Paradebeispiel einer „strategischen Klage gegen öffentliche Beteiligung“ (SLAPP) eingestuft, deren Ziel die Einschüchterung und das Zum-Schweigen-Bringen von Kritikern ist.
◦ Die juristischen Drohungen umfassten Strafanzeigen wegen Betrug, Identitätsmissbrauch, wettbewerbswidriger Irreführung, Urheberrechtsverletzung und Nachahmung amtlicher Veröffentlichungen.
◦ Das „Unordnungsamt“ wies die Vorwürfe zurück und argumentierte, ihre Aktion sei Satire und Kunstfreiheit (Artikel 5 GG) geschützt, deren Ziel die Entlarvung und Anregung einer öffentlichen Debatte sei, nicht die Täuschung oder Bereicherung.
◦ Der Vorwurf der „Nachahmung amtlicher Veröffentlichungen“ entlarvt unfreiwillig, dass der DNP selbst bewusst eine staatliche Aura vortäuscht, da dieser Paragraph ausschließlich für hoheitliche Akte und Behörden gilt.
- „Ironie des Rechtsbruchs“: Der DNP sandte die Abmahnungs-E-Mail mit einem Tracking-Link, was einen klaren Verstoß gegen die DSGVO darstellt. Dies untergräbt die Glaubwürdigkeit des DNP und zeigt eine Diskrepanz zwischen öffentlichem Anspruch und internem Handeln.
- Der Fall DNP gegen „Unordnungsamt“ wird als wichtiger Präzedenzfall für den Schutz zivilgesellschaftlichen Engagements gegen SLAPPs gesehen.
Schlussfolgerung
Der Deutsche Nachhaltigkeitspreis ist in seiner jetzigen Form nicht nur unglaubwürdig, sondern schädlich. Er verkommt zu einem „gigantischen Spektakel“, das mehr mit Selbstbeweihräucherung und kommerziellen Interessen zu tun hat als mit der dringenden Notwendigkeit einer echten Transformation. Ohne radikale und grundlegende Reformen, die Transparenz erzwingen, die kommerziellen Interessen kappen und die Kriterien kompromisslos verschärfen, bleibt der DNP lediglich die „glänzendste und teuerste Greenwashing-Gala Deutschlands“.
Kurz gesagt: Der DNP ist eine perfekt geölte Maschine, die Greenwashing adelt, die Öffentlichkeit täuscht und den Status quo zementiert.
Quellenliste: Die Akte DNP & Osnabrück
Überregionale kritische Berichterstattung zum DNP
- DER SPIEGEL: Wie seriös ist die umstrittene Auszeichnung? (sehr detaillierte Recherche) https://www.spiegel.de/wirtschaft/deutscher-nachhaltigkeitspreis-wie-serioes-ist-die-umstrittene-auszeichnung-a-009b3570-6e77-4ad4-8a3d-c921ba7bf575
- Flip: Wie seriös ist der Deutsche Nachhaltigkeitspreis? (umfangreiche Analyse, Partner von SPIEGEL) https://letsflip.de/featured/dnp-wie-serioes-ist-der-deutsche-nachhaltigkeitspreis/
- DIE ZEIT: Der verdächtige Preis (Kritik an Greenwashing bei Everdrop & Got Bag) https://www.zeit.de/green/2022-09/deutscher-nachhaltigkeitspreis-everdrop-got-bag-greenwashing-kritik
- de: Deutscher Nachhaltigkeitspreis unter Greenwashing-Verdacht (gute Zusammenfassung der Kritik) https://www.haufe.de/sustainability/debatte/deutscher-nachhaltigkeitspreis-unternehmen-2024_575768_610820.html
- Medieninsider: Grüner wird’s nicht (deckt den Interessenkonflikt um Gundula Gause auf) https://medieninsider.com/gruener-wirds-nicht/24340/
- Retail News: Kritik von Börlind und Weleda https://retail-news.de/nachhaltigkeitspreis-2024-kritik-boerlind-weleda/
- Absatzwirtschaft: Zwischen Big Business und grünem Aktivismus https://www.absatzwirtschaft.de/zwischen-big-business-und-gruenem-aktivismus-264982/
- agrarzeitung: Kolumne von Jörg Reuter: Wer rettet den Deutschen Nachhaltigkeitspreis? https://www.agrarzeitung.de/new-food-economy/loesungen/kolumne-von-joerg-reuter-gespraechsbedarf-wer-rettet-den-deutschen-nachhaltigkeitspreis-116209
- Haus von Eden: Kritik am DNP 2024 https://www.hausvoneden.de/sustainability/deutscher-nachhaltigkeitspreis-2024/
- LinkedIn News: Zusammenfassende Diskussion zur Kritik https://www.linkedin.com/news/story/%C3%A4rger-um-deutschen-nachhaltigkeitspreis-6256092/
Lokale Berichterstattung zur Stadtplanung in Osnabrück
- NOZ (Ledenhof-Versiegelung): Warum denn das? Ledenhof in Osnabrück in weiten Teilen asphaltiert https://www.noz.de/lokales/osnabrueck/artikel/warum-denn-das-ledenhof-in-osnabrueck-in-weiten-teilen-asphaltiert
- Hasepost (Temperaturmessung Ledenhof): Osnabrücker Ledenhof „glüht“ mit über 50° https://www.hasepost.de/osnabruecker-ledenhof-glueht-mit-ueber-50-ohne-irgendwelchen-schatten-610911/
- Hasepost (Kritik an Ledenhof-Gestaltung): Osnabrücks graues Herz? https://www.hasepost.de/osnabruecks-graues-herz-die-neugestaltung-des-ledenhofs-wirft-fragen-auf-595601/
- Hasepost (Asphaltierung Ledenhof): Aus Schwarz wird Beige: Weitere Asphaltschicht versiegelt den Ledenhof https://www.hasepost.de/schwarz-beige-asphalt-versiegelt-ledenhof-osnabrueck-601067/
- Hasepost (Stadtrats-Kritik): Hat der Stadtrat eine „Asphaltwüste“ am Ledenhof versiegelt? https://www.hasepost.de/osnabrueck-stadtrat-versiegelt-ledenhof-596499/
Offizielle Seiten & Dokumente
- Stadt Osnabrück (Klimaanpassung): Hintergrundinformationen zur Entwicklung des Stadtklimas https://informiert.osnabrueck.de/de/bevoelkerungsschutz/hitzegefahren/entwicklung-stadtklima/
- Stadt Osnabrück (Umfrage): Umfrage zu kühlen Orten in Osnabrück („Kühle Karte“) https://umfrage.osnabrueck.de/index.php?r=survey/index&sid=699119
- Deutscher Nachhaltigkeitspreis (offizielle Seite): Zusammenarbeit mit der Bundesregierung https://www.nachhaltigkeitspreis.de/dnp/zusammenarbeit-mit-der-bundesregierung
- Unser Blog: https://unordnungsamt.noblogs.org/
- Unser Blog-Beitrag zur Aktion: https://unordnungsamt.noblogs.org/post/2025/07/12/eskalation-erwuenscht-unsere-antwort-auf-die-abmahnung-des-deutschen-nachhaltigkeitspreises/
- Unsere Fake-Webseite (Detailseite): https://stiftung-nachhaltigkeitspreis.de/presse/pressemitteilungen/detail/stiftung-dnp-erkennt-osnabrueck-preis-ab/
