Freund*innen! Kolleg*innen! Osnabrücker*innen!
Wir stehen hier in Osnabrück. Der Stadt, die sich in jeder Hochglanzbroschüre „Friedensstadt“ nennt. Wir stehen hier in der Stadt des Westfälischen Friedens, wo verhandelt wurde, um einen 30-jährigen Krieg zu beenden. Wir stehen hier in der Stadt, die den Erich-Maria-Remarque-Friedenspreis vergibt, benannt nach dem Mann, der „Im Westen nichts Neues“ schrieb. Wir stehen hier in einer Stadt, die Mitglied bei den „Mayors for Peace“ ist. Das ist ein internationales Netzwerk von Städten, das sich für die Förderung des Friedens und Abrüstung einsetzt.
Und ausgerechnet hier, in dieser friedenstadt, müssen wir darüber reden, dass bald Panzer produziert werden sollen.
Dass der Konzern Rheinmetall – ein Konzern, der sein Geld mit Krieg, Korruption und der Aufrüstung von Diktatoren verdient – das VW-Werk übernehmen will.
Man wird uns sagen, das sei „Realpolitik“. Man wird uns sagen, das sei ein „Beitrag zum Frieden“ – so zynisch hat es unsere Oberbürgermeisterin ja schon formuliert.
Aber lassen wir das Marketing-Gerede mal beiseite. Lasst uns mal ganz konkret durchspielen, was dieser Deal wirklich bedeutet. Was passiert, wenn Rheinmetall nach Osnabrück kommt?
Was heißt das für die 2.300 Kolleg*innen bei VW?
Man wird euch die Lüge von der „Rettung“ erzählen. Die Lüge, dass alle Jobs sicher sind. Die Wahrheit? Schauen wir nach Görlitz. Dort hat der Panzerbauer KNDS das Alstom-Werk übernommen. Gefeiert als „Erfolgsgeschichte“. Und das Ergebnis? Von 700 Leuten wurde gerade mal die Hälfte übernommen. Der Rest? Rausgeschmissen.
Das ist die Rheinmetall-Rettung: Sie picken sich die Leute raus, die sie brauchen, und der Rest wird fallengelassen.
Und was heißt das für die, die bleiben dürfen?
Sie erwartet ein Kulturschock. Sie tauschen ihr Know-how im flexiblen Autobau gegen eine Umschulung zur Waffentechnik. Sie tauschen ein ziviles Produkt gegen die tägliche moralische Last, Kriegsgerät zu bauen.
Und sie tauschen ihre Marktsicherheit gegen die totale Abhängigkeit vom Bundeshaushalt. Euer Job hängt dann nicht mehr daran, ob das Auto gut ist, sondern daran, ob die Politik den nächsten Rüstungsauftrag freigibt. Das ist keine Sicherheit. Das ist eine politische Fessel.
Was heißt das für die Wirtschaft in Osnabrück?
Was ist mit den Dutzenden automobilen Zulieferbetrieben hier, die auf das VW-Werk ausgerichtet sind? Die sind für Rheinmetall wertlos. Ihre Lieferketten passen nicht zur Panzerproduktion. Eine Rüstungsfabrik ist kein ‚Ersatz‘. Sie ist eine wirtschaftliche Sackgasse. Sie saugt Fachkräfte ab und hungert das gewachsene automobile Netzwerk der Region aus.
Und das Wertvollste, was Osnabrück hat – das einzigartige Know-how in der flexiblen Kleinserienfertigung – wird für immer zerstört. Statt dieses Wissen für die Verkehrswende zu nutzen, wird es weggeworfen, um Panzer zusammenzuschrauben.
Und was heißt das für uns? Für die Stadtgesellschaft?
Wer glaubt, das sei kein Problem, soll nach Dortmund schauen. Die haben nur ein Rheinmetall-Logo auf dem Trikot. Und was ist passiert? Das hat einen tiefen Riss durch den Verein und die Stadtgesellschaft getrieben. Das waren nicht nur Transparente. Das waren wütende Auseinandersetzungen, Boykott-Aufrufe und eine Mitgliederversammlung, die der Vereinsführung das Misstrauen ausgesprochen hat. Das hat Tausende Fans von ihrem eigenen Verein entfremdet. Das ist keine ‚Diskussion‘ mehr, das ist eine soziale Spaltung. Und wir reden hier nicht über ein Trikot-Logo. Wir reden über die verdammte Waffen-Fabrik in einer sogenantnen Friedensstadt.
Die Mitgliedschaft bei „Mayors for Peace“? Ein Witz! Osnabrück wird international unglaubwürdig. Wir können nicht für Frieden und Abrüstung werben und gleichzeitig mit einem Konzern kooperieren, der sein Geld mit Korruption, der Aufrüstung von Diktaturen und der Infrastruktur für den Atomkrieg verdient!
Kolleg*innen bei VW! Lasst euch nicht von euren Ängsten erpressen! Euer eigener Betriebsrat will einen zivilen Standort. Und wir stehen solidarisch hinter dieser Forderung!
Die echte Alternative heißt Konversion! Euer Wissen wird für Busse und Bahnen gebraucht, nicht für Panzer!
Und weil diese Debatte zu wichtig ist, um sie den Konzernchefs und einer heuchlerischen Politik zu überlassen, laden wir euch alle ein. Wir müssen reden. 
Kommt zu unserem Vortrag: „VW-Werk Osnabrück – Zukunft ohne Rheinmetall“. Am Donnerstag, den 30. Oktober, um 18 Uhr, hier in der Uni Osnabrück, im Raum 15/128. Kommt alle!
